In Lima am Flughafen angekommen, heißt es erst einmal auf den Airport-Bus warten. Wir haben über Airbnb eine Wohnung gemietet und laut unserem Vermieter ist dies die sicherste Art, zu unserer Unterkunft zu kommen. Aber der Bus fährt nur stündlich und ist gerade weg. Also müssen wir uns 50 Minuten die Zeit vertreiben und ausserhalb des Flughafens warten. Heute morgen in Cusco war es kühl, nicht einmal 10 Grad. Jetzt ist es heiß, gefühlte 30 Grad, dazu sind wir bepackt wie die Esel, mit unserem zehn Kilogramm schweren Handgepäck, einem kleineren Rucksack, Hut, unserem Flugkissen am Hals und dazu eine dicke Jacke um die Hüften gewickelt. Es passte alles nicht mehr in unser Handgepäck. Doch wie haben wir das bei der Anreise geschafft?
Der Bus kommt und es dauert rund eine Stunde bis Miraflores, einem Stadtteil von Lima. Doch wir sind hier noch nicht am Ziel, müssen noch
etwa 850m bis zur Busstation. Manchmal entscheidet man sich für den beschwerlichen Weg. Warum wohl?
Am Kennedy-Park hören wir Musik. Wir sind neugierig und wollen wissen, was dort los ist. Zwei ältere Paare wiegen sich zur Musik eng aneinander. Es ist eine Melancholie in der Musik und in dem Tanz der Paare. Wir setzen uns zu den vielen anderen Zuschauern auf die Treppenstufen. Alle sind fasziniert vom Tanz der beiden Paare. Hier spürt man die Liebe der Peruaner zur Musik. Neue Titel werden gespielt und die Peruaner strömen begeistert auf die Tanzfläche. Es scheint eine nette Stadt zu sein.
Wir erreichen den Busbahnhof der Metropolitano, der Schnellbuslinie in Lima. Hier fahren die Busse auf eigenen Fahrspuren, sehr schnell und effizient quer durch die Stadt in die Aussenbezirke. Doch an der Schranke ist Schluss für uns, denn ohne Ticket geht nichts und dieses muss auf eine Chipkarte aufgeladen werden. Aber der Ticketschalter ist bereits geschlossen und das, was an den Automaten steht, können wir nicht verstehen. Ein junges Paar ist aber so freundlich und lädt über seine Karte die Fahrt für uns auf. Jetzt können wir die Schranke passieren und kommen in die Wartezone. Auch hier sind alle sehr um uns bemüht und erklären uns, wo wir ein- und aussteigen müssen. Im Bus bietet man uns direkt Sitzplätze an. Wieder einmal sind wir von der Freundlichkeit der Menschen beeindruckt. Wildfremde Menschen nehmen uns quasi an die Hand und führen uns durch die Wirren des Bussystems. Nach sechs Stationen haben wir unser „Zuhause“ für die nächsten fünf Tage erreicht. Eine Wohnung in der 21. Etage eines 39-stöckigen Hochhauses, und das, obwohl einer von uns beiden (es sind nicht die weiblichen „2feet“) Höhenangst ab 30cm Höhe hat.
Der Ausblick von unserem Appartement ist großartig, doch ein Blick nach unten lässt uns Schlimmes erahnen. Wir “wohnen” an einer zehnspurigen Straße mit mehreren Kreuzungen. Unsere Befürchtung wird dann auch wahr. Es wird laut, sehr laut. In den frühen Morgenstunden setzt der Verkehr ein und der ist mit nichts vergleichbar, was wir bisher erlebt haben. Gefühlt tausende Autofahrer hupen. Die Hupe scheint das Wichtigste an einem Auto zu sein. Die Autos sind zerbeult, zerkratzt und verrostet- ganz egal, solange die Hupe noch funktioniert. Die erste Nacht war dementsprechend sehr kurz und die folgenden Nächte werden auch nicht besser. Aber das ahnen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Miraflores
Nach einem guten Frühstück schauen wir erst einmal, wo wir denn überhaupt sind. Miraflores, eines der beiden beliebtesten Stadtvierteln von Lima, etwa 10 km vom historischen Zentrum entfernt. Miraflores bietet moderne Geschäfte, dazu die bekannten Kaffeeketten und Einkaufszentren - Dinge, die uns aber wenig interessieren. Und von Miraflores kommt man direkt an den Strand. Das dachten wir zumindest.
In der Realität sieht es jedoch so aus, dass Miraflores größtenteils von einer Steilküste vom Pazifik getrennt ist. Und zwischen Meer und dieser Steilküste befindet sich eine mehrspurige, sehr belebte Straße, die zu überqueren nicht ganz ungefährlich ist. Es führt nur ein Fussweg über eine Brücke und Treppe zum Meer hinunter. Und um dorthin zu gelangen, muss man erst einmal oberhalb der Klippen weit gehen. Eine Seilbahn von der Steilküste direkt runter an die Costa Verde ist in Planung, doch bislang sind lediglich die Hinweisschilder und einige Absperrungen zu sehen. Wieder etwas gelernt- es ist nicht immer alles so, wie es aussieht.
Wir lernen viel: Hier geht man nicht ans Meer, hier fährt man an den Strand und parkt dann auch direkt sein Auto dort. Das steht quasi auf dem Sandstrand, die Einheimischen lassen sich gemütlich auf den Felsen nieder. Irgendwie hatten wir uns das aber ganz anders vorgestellt. Und irgendwo muss es ja auch möglich sein, sein Handtuch auszubreiten, aber wo? Wir werden die nächsten Tage einmal weitere Strandabschnitte erkunden.
Die Stadt der Könige
Lima wurde am 18.01.1535 unter dem Namen „Stadt der Könige“ gegründet. Die Nähe zum Meer gewährleistete einen schnellen Zugang zur See und bot eine ideale Ausgangslage für die Eroberungszüge ins Andenland. Die von Francisco Pizarro gegründete Stadt am Meer war fast 200 Jahre lang das Zentrum der spanischen Kolonialmacht und der perfekte Ort, um das von den Inkas gestohlene Gold nach Spanien zu schicken. In Lima ist auch die älteste Universität Südamerikas beheimatet. Die Metropole wuchs schnell zum religiösen Zentrum von Macht und Wohlstand. Im 19. Jahrhundert begann dann die Phase der Industrialisierung. Die zunehmende Landflucht, Bevölkerungsexplosion, mangelnde Infrastruktur und Naturkatastrophen brachten einen Zustrom der Menschen in die Hauptstadt. Heute lebt fast ein Drittel der knapp 29 Millionen Peruaner in und um Lima. Viele von ihnen kamen in den 1980er und 90er Jahren, um der Armut den politischen Gewalttaten zu entfliehen. Das führt dazu, dass die Stadt unter einer Vielzahl von Umweltproblemen, sehr starkem Straßenverkehr und einer hohen Luftverschmutzung leidet.
Historisches Zentrum von Lima
Der Weg durch Limas Altstadt ist von zahlreichen historischen Bauten geprägt, die einst eine sehr zentrale Bedeutung für die Machthaber hatten. Hierzu gehören der Regierungspalast „Palacio de Gobierno del Perú“, die auf der gegenüberliegenden Seite liegende Kathedrale, eine der wohl schönsten Sehenswürdigkeiten Limas und das erste Zeugnis der spanischen Kolonialisierung sowie der daneben liegende Palast des Erzbischofs. 1991 wurde die Altstadt von Lima von der UNESCO zur Weltkulturstadt erklärt.
Pyramiden in Lima - Huaca Pucllana
Die Geschichte Limas begann aber nicht erst mit der Gründung der Kolonialstadt durch den Gründer Pizarro im Jahre 1535. Das Gebiet, in dem sich die Stadt und die Provinz Lima heute befinden, war bereits viele tausend Jahre zuvor bewohnt. Die Geschichte Limas vor der spanischen Kolonialisierung ist reich an einzigartigen Kulturen und spiegelt den langen Prozess wider, in dem die peruanische Zivilisation ihre Fähigkeiten entwickelte und den Wüstenstreifen zwischen Pazifik und Anden zu einem bewohnbaren Ort und einer grünen Oase machte.
Ein Beispiel dafür ist die Huaca Pucllana, inmitten des Stadtteils Miraflores. Es handelt sich um eine 1500 Jahre alte Lehmziegel-Pyramide, die die reiche und abwechslungsreiche Geschichte der Region widerspiegelt. Die historische Stätte wurde vom peruanischen Kulturministerium zum Nationalen Kulturerbe erklärt.
Barranco
Ein weiteres beliebtes Viertel ist Barranco, im 19. Jahrhundert als Stranddorf gegründet. Barranco entwickelte sich schnell zum Zufluchtsort für die Schönen und Reichen, die dem heißen Sommer in der Stadt entfliehen wollten. Sie begannen mit dem Bau von Sommerresidenzen im Kolonialstil, in denen sie ihre Wochenenden und Ferien verbringen konnten. Viele der farbenfrohen Villen und Sommerresidenzen wurden in Restaurants und Cafés umgewandelt. Es ist das Viertel der Künstler und Musiker. Die Straßen sind voll von lebendiger Kunst und Galerien und es herrscht eine vollkommen unterschiedliche Atmosphärische als in Miraflores. Von hier aus kommt man direkt an den Strand, der vor allem bei den Surfern sehr beliebt ist.
Unser eigentlicher Plan war, bis zu unserem Rückflug die Tage in Lima zu verbringen. Wir wollten von dort aus die umliegenden Strände mit dem Fahrrad oder Bus zu erkunden. Nachdem wir aber die Stadt als viel zu laut und anstrengend empfunden haben, haben wir uns entschieden, die Stadt zu verlassen und mit dem Bus weiter südlich, ins 250 Kilometer entfernte Paracas ans Meer zu fahren.
Lohnt sich Peru?
Die Frage ist eindeutig mit Ja zu beantworten.
Die Landschaften hier sind so unterschiedlich, als wäre man in mehreren Ländern und nicht nur in einem Land unterwegs. Es gibt Strände und Steilküsten am Pazifik, Wüsten und Oasen, den höchst gelegenen schiffbaren Titicacasee, die umliegenden und die schneebedeckten Anden dazu gemütliche Städtchen mit wunderschönen kolonialen Bauten. An den vielen archäologischen Orten kann man über die Weltanschauung der Inka, ihren Traditionen und ihr Wissen über Landwirtschaft und Architektur philosophieren und vor rätseln. Wie haben sie es geschafft, meterhohe Steine in große Höhen zu befördern, um sie dann passgenau in Mauern ohne Zement einzubauen? Und wozu dienten all diese Bauten?
Die Peruaner waren uns gegenüber sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Zu beobachten, wie die Familien ihre Zeit miteinander verbringen, war imponierend. Ihre Leidenschaft für Musik ist überall zu spüren und einen Grund zum Feiern scheint es für die Peruaner immer und auch überall zu geben.
Wir hatten leider nur drei Wochen Zeit, Peru ein wenig kennenzulernen. Zu keinem Zeitpunkt haben wir uns unwohl gefühlt. Und das, was wir gesehen haben, hat uns überzeugt. Wir wären gerne noch länger geblieben, doch unser Rückflug nach unserer dreimonatigen Reise durch Südamerika ist bereits gebucht. Vielleicht aber - sehen wir uns wieder....
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