El Chaltén - Wanderparadies im Los Glaciares Nationalpark

El Chalten ist die Trekking- und Wanderhauptstadt  Patagoniens und wer hierher kommt, der will die  markanten  Granitfelsen  des „Fitz Roy“ und der „Cerro Torre“ Gruppe  aus nächster Nähe sehen.  Sowohl „Fitz Roy“, die „Cerro Torre“-Gruppe (Nord-Patagonien)  aber auch der  „Perito-Moreno-Gletscher“ (Süd Patagonien) gehören alle zum „Los Glaciares Nationalpark“, sind aber nicht miteinander verbunden und ca. 220 km voneinander entfernt.

Die indianischen Ureinwohner  nannten den 3.406 m hohen Fitz Roy , der sich gerne hinter Wolken versteckt „Chalten“, was „rauchender Berg“ bedeutet. Der kleinere mit 3.118 m hohe Cerro  Torre ist aufgrund seiner steil aufragenden, glatten Granitwände, die im oberen Bereich größtenteils mit Raureifeis bedeckt sind und der meist extrem widrigen Wetterbedingungen nur sehr schwer zu besteigen und gilt unter Bergsteigern als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Welt.

Auf diese Berge können wir zwar nicht, aber einmal ganz nah dran sein. 

 

Von El Calafate ist erst einmal eine dreistündige Busfahrt durch die patagonische Steppe angesagt. Es ist eintönig und nichts als Dürre um uns herum. Nur der Wind fegt durch die Gräser. Man fragt sich,  wann werden denn diese imposanten Berge erscheinen?Dann kracht und ruckelt es. Nichts geht mehr - wir haben einen Plattfuß - der Reifen ist total zerfetzt. 

Wir stehen mittendrin im Nirgendwo.  Nichts als Felder  um uns herum. Der Busfahrer schaut verzweifelt. Dann aber nehmen sich die „alten“ Herren“ der Sache an. Das Jungvolk dreht Instagram-taugliche Videos — nur kommen wir damit nicht an unser Ziel. Nach und nach halten weitere Busse an, Werkzeug wird ausgetauscht und nach gut einer Stunde ist der Ersatzreifen an Ort und Stelle. Ob der allerdings noch lange durchhält? Er sieht nicht viel besser aus als der Alte und selbst der Busfahrer scheint ein wenig in  Sorge zu sein, ob wir noch heil ankommen. Aber dann geht es im  Schneckentempo die letzten 50 Kilometer weiter und wir kommen sicher an unserer Ziel. 

 

El Chaltén

El Chaltén  gehört zu den jüngsten Städten Argentiniens. Ursprünglich spielte  die nicht ganz klar definierte Grenzziehung zwischen Argentinien und Chile eine große strategische Rolle bei der Gründung des Ortes. Es gab wenige Einwohner und an Tourismus war in dieser abgelegenen Gegend fernab von jeglicher Zivilisation nicht zu denken. Der Ort entwickelte sich dann aber zum logistischen Basislager für Expeditionen und den Extremkletterern. Zwischen den Argentiniern und Chilenen kam es immer wieder zum Streit über die Rechte an den Bergen. 1985 baute Argentinien  El Chaltén auf und gründete die  „Capital del Trekking“ , um den Chilenen zu zeigen, dass dies das „Land der Gauchos“ ist. Bis heute ist dort die chilenische Grenz nur über eine Schotterpiste zu erreichen. 

 

Dann kamen die Wanderer und heute ist El Chaltén eines der meist  besuchten Touristenziele in Patagonien. Die Hauptstraße wurde prestigeträchtig vierspurig ausgebaut- dabei fahren hier  im Ort  kaum  Autos. Die Seitenstraßen hingegen bestehen meist noch aus Schotter und Sand, den man durch den ständigen Wind am ganzen Körper spürt. Restaurants und Cafés, Hotels und Hostels bestimmen hier das Bild. Die Unterkünfte hier sind um ein Vielfaches teuer als im Rest des Landes. Pauschaltouristen gibt es nicht, denn wer hierher kommt, will wandern. Was anderes ist hier auch nicht zu tun. Es ist ein Kommen und Gehen, die Meisten kommen mit dem Bus an und sind ausgestattet mit riesigen Rucksäcken, Isomatten und Zelt. Die Hauptattraktionen Laguna Torre und Laguna de Los Tres lassen sich auch gut in Tageswanderungen besuchen. Wir sind  ohne Zelt und gönnen uns den Komfort einer normalen Unterkunft - wobei, was ist hier normal? Wir übernachten in einem Container, der zum Tinyhouse (rechts) ausgebaut und  bestens ausgestattet ist. 

Laguna Torre - dem Cerro Torre ganz nah

Den ersten Tag beginnen wir einer Wanderung zur Laguna Torre. Der Weg dorthin ist  landschaftlich sehr abwechslungsreich und nicht zu anspruchsvoll, also genau das richtige für einen ersten Wandertag. Vielfach geht es ohne große Steigung  immer geradeaus über eine Hochebene. Geradewegs auf den Cerro Torre zu. Dann haben wir sie im Blick - die Laguna Torre. 

Eisbrocken treiben im graugrünen Wasser. Die  milchige Farbe kommt vom Felsmehl, das durch die Schneeschmelze in den See läuft.

 

 Es gibt nur wenige Tage, an denen die Berge  hier nicht wolkenverhangen sind und es gibt hier oft vier Jahreszeiten an einem Tag. Man braucht  einen wohlgesinnten Wettergott, um einen der faszinierenden Berge zu Gesicht zu bekommen. Wenn es einen Wettergott gibt, so  ist er auf unserer Seite - wir sind vier Tage dort und haben immer strahlenden Sonnenschein, am dritten Tag ist es  fast sommerlich warm. 

 

Laguna de los Tres - den Fitz Roy im Blick

Es ist der Trail,  den die alle gehen wollen. Die ersten starten früh mit Stirnlampe. Wir gehen es gemütlicher an. Schließlich geht die Sonne hier erst um 22:30 Uhr unter, also kann man sich Zeit lassen und den Strom der Ungeduldigen ziehen lassen. Der Weg beginnt mit einem steilen Teil durch den Südbuchenwald und es ergeben sich wunderschöne Ausblicke auf die  Flussschleifen des Rio de las Vueltas. Schnell kommt dann aber auch schon der Fitz Roy ins Bild. Die Begeisterung  ist groß und wir sind gespannt, wie nah wir ihm kommen werden. 

 

Wit treffen auf ein rumänisches Paar. Kai,  ihr 1 1/2 jähriger Sohn,  sitzt gemütlich  in seiner Kraxe auf dem Rücken seines Vaters und strahlt. Er findet Wandern jetzt schon cool. Der Blick seines Vaters sagt etwas anderes - die Anstrengung ist groß und er ist sicherlich nicht zu beneiden.  Wir werden mal schnell zur Kinderbetreuung engagiert, denn die Eltern möchten Fotos machen.  

 

Ab jetzt haben wir den Fitz Roy fast immer im Blick. Der Weg verläuft  meist flach vorbei an kleinen Seen. Ich bin mal wieder einige Schritte voraus, will eine Abkürzung nehmen und lande fast im Wasser. Hier ist Sumpfgebiet und schlauer ist man erst, wenn die Füße nass werden.

 

Wir erreichen den Zeltplatz, auf dem schon einige Ihr Nachtlager aufgebaut haben. Sie wollen wohl die ersten beim Sonnenaufgang sein. Kurz hinter dem Zeltplatz kommt dann auch schon der Hinweis,  dass die weitere Strecke ungesichert ist und Trittsicherheit erfordert. Die letzten Kilometer sind wirklich schweißtreibend, man arbeitet sich im steilen Zickzack fast zwei Stunden über Felsen, Schotter und Geröll den Berg hoch.  Wanderstöcke wären hilfreich- doch wir sind ja nur mit Handgepäck unterwegs  und da bleibt nun mal kein Platz für Stöcke. Wir mussten Prioritäten setzen. 

 

Diejenigen, die von oben herunter kommen, machen uns Mut. Nur noch wenige  Minuten und dann stehen wir tatsächlich auf dem Kamm. Der gewaltige Fitz Roy scheint zum Greifen nah, aber der zugefrorene Gletschersee trennt uns. Wow - der Anblick entschädigt für den anstrengenden Anstieg. Einige wagen sich ins eisgekühlte Wasser und setzen sich für das perfekte Foto auf eine der Eisschollen. Der Respekt der umstehenden Zuschauer  ist ihnen aber sicher, alle klatschen.  

 

Wir gehen  am rechten Seeufer vorbei, durchqueren ein Schneefeld und sind fast alleine dort. Das ist dann wieder einer der Momente,  in dem man die Ruhe genießt, demütig und so dankbar für derartige Augenblicke ist. 

 

Irgendwann ist auch der schönste Augenblick vorbei. Obwohl es sehr lange hell ist, müssen wir uns verabschieden, denn für den Abstieg brauchen wir noch Zeit. Hier treffen wir auch Kai und seine Eltern wieder - sie sind noch auf dem Weg nach oben. Dem Vater sieht man seine Anstrengung an.  Und dabei haben sie  noch einen sehr langen und kräftezehrenden Weg vor sich, doch das ahnen sie noch nicht. 

 

Laguna Capri

Zurück geht es über  die Laguna Capri. Wir verweilen dort noch ein wenig, ehe uns die Moskitos entdecken und wir die Flucht ergreifen.  

Mirador los Condores - dem Andenkondor auf der Spur

Der Aufstieg zum Mirador los Condores eignet sich perfekt für einen Nachmittagsausflug. Wir treffen ein Schweizer Paar in unserem Alter- sie sind seit 5 Monaten unterwegs - schwer „bewaffnet“ mit Riesenfernglas und Objektiven, auf der Suche nach dem Andenkondor, den größten flugfähigen Vogel Südamerikas und einer der elegantesten der Welt. Auch wir wollen den Kondor sehen, haben aber kein technisches Equipment dabei, sondern müssen darauf hoffen, dass er sich über uns erhebt, denn weit schauen ist - das weiss wohl jeder in unserem Alter - nicht mehr so einfach. 

 

Es sind nur wenige Höhenmeter zu überwinden, dann sehen wir auch schon das Objekt der Begierde, den Kondor. Auf dem Gipfel angekommen, machen wir es uns dort  gemütlich und hoffen auf eine große Flugschau. Doch leider lassen sich nur vereinzelt die großen Flieger sehen. Aber lohnenswert ist es allemal, denn von hier hat man den perfekten Blick auf die beiden Gipfel Cerro Torre und Fitz Roy. Zum Abschluss gibt es dann noch einen kleinen Abstecher zum  Mirador Aquilas - von hier hat man  einen schönen Blick auf den Lago Viedma- dann sind die Tage in El Chaltén auch schon wieder vorbei.

 

Patagonien ist beeindruckend und in jedem Fall eine Reise wert. Die Anreise ist weit, die Unterkünfte sehr teuer. Aber das weiß man, wenn man sich entscheidet, hierher zu kommen - aber es lohnt sich. 

 

Wir  bleiben wir in der Natur. Unser nächstes  Ziel liegt 3.877 km entfernt - es sind die Wasserfälle von Iguazú. Wir sind gespannt. Doch zuvor gibt es noch einen Zwischenstopp in Uruguay - Colonia del Sacramento ist das Zwischenziel. 

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