Nach zwei ruhigen Tagen in Cusco wollen wir uns noch weitere archäologische Ausgrabungsstätten anschauen. Machu Picchu ist ja nicht das Einzige, was Peru zu bieten hat. Wir entscheiden uns für Pisac. Zehn Minuten von unserer Unterkunft entfernt ist der Terminal für die Colectivos. Schon von weitem hört man die Fahrer ihre Fahrtrichtung ausrufen. Schnell sind 15 Leute beisammen. Für gerade einmal 1,20€ fahren wir nun 40 km weit in das Sacred Valley, das Heilige Tal der Inkas. Das fruchtbare und sattgrüne Tal wird vom Urubamba Fluss geformt und liegt inmitten von steilen Bergwänden der hoch aufragenden Andenketten.
Pisac
Pisac ist ein charmantes Städtchen mit knapp 3.000 Einwohnern auf gut 2.975 m Höhe und umgeben von einer wunderschönen Berglandschaft. Alles hier ist im saftigen Grün und im Hintergrund sehen wir schneebedeckte Gletscher. Das ist wieder einmal genau das, was wir sehen möchten.
Es ist erst kurz vor zehn - für südamerikanische Verhältnisse also noch sehr früh. Die Läden sind fast alle noch geschlossen. Aber auf dem Marktplatz finden wir ein nettes Café und langsam erwacht dann auch hier das Leben.
Die Ruinen von Pisac
Unser Ziel ist der archäologische Park, oberhalb der Stadt gelegen. Zuerst wollten wir die Ruinen vom Marktplatz aus erkunden, doch das setzt erst einmal einen weiten und steilen Aufstieg voraus und wir können uns dazu doch nicht aufraffen. Dieses Mal entscheiden wir uns für die bequeme Variante und lassen uns die 500 Höhenmeter und sieben Kilometer mit dem Taxi zum Eingang fahren.
Ganz oben auf dem Berg thront das religiöse und militärische Zentrum der Inka-Stätte. Hier hatten die Adeligen und Priester ihre Wohnhäuser. Die Aussichten, die sich uns bieten, sind atemberaubend. Rund um die guterhaltenen und präzise gearbeiteten Mauerwerke sehen wir die künstlich angelegten Terrassenfelder der Inkas, wo sie ihre Agrarwirtschaft betrieben haben. Es ist schwer vorstellbar, wie die Inkas das alles im 15. Jahrhundert ohne moderne Technologie bewerkstelligen konnten. Und das alles in einer landschaftlich grandiosen Umgebung. Natur pur, rings um uns herum. Die Inkas wussten schon, warum sie sich hier ansiedelten.
Bis zu den ersten Terrassen sind noch einige Touristengruppen unterwegs. Doch bei einer geführten Tour bleibt wenig Zeit, alles zu entdecken. Es dauert auch
nicht lange und wir sind fast alleine unterwegs. Die Anlage bietet so viel mehr, als nur für einen kurzen Besuch. Das ist der Vorteil des individuellen Reisens. Keiner drängt einen und man kann
sein Tempo frei wählen. Bei den gebuchten Touren ist man an ein Zeitfenster gebunden und man muss sich die schönen Momente und Aussichten mit vielen Menschen teilen.
An manchen Stellen wird es ganz schön eng und bei einigen Durchgängen haben wir Zweifel, ob wir dort durchkommen. Aber was die Inkas schafften, das trauen wir uns auch.
Zurück in die Stadt geht es über steile Stufen hinab. Unten angekommen gibts zur Stärkung erst einmal frisch gepressten Orangensaft. Es fängt ein wenig an zu tröpfeln, doch ehe die Regenjacke ausgepackt ist, ist schon alles vorbei.
Unsere Entscheidung, die vielen Stufen am Morgen nicht hochzulaufen, war richtig. Dafür, dass wir von oben in die Anlage eingestiegen sind, hatten wir grossartige Ausblicke auf die faszinierende Anlage.
Pisac ist anders als die Orte, die wir bisher besucht haben. Hier gibt es angeblich besondere, spirituelle Energien. Die Indigenas der Umgebung bieten schamanische
Rituale an. Überall hängen Flyer, auf denen Yoga-oder Reiki-Kurse oder spirituelle Heilbehandlungen angeboten werden. In den Cafes finden sich viele esoterische Bücher und Bioläden gibt es
zuhauf. Hier hat sich eine besondere Community gebildet und das sieht man schon auf den ersten Blick, wenn man in die Stadt kommt. Statt Sportkleidung trägt man hier wallende Hosen und
Röcke, Turban und Rastafrisur. Man hat das Gefühl, die „externen“ Bewohner tanzen hier zufrieden durch das Leben. Es bietet sich uns ein friedliches Bild und überall wird die Luft von
der Liebe getragen.
Die Ruinen in Pisac sind spektakulär und faszinierend. Historisch, archäologisch als auch landschaftlich gehören sie sicherlich zum Besten, was es in Peru zu finden gibt. Hier kann man sich im Gegensatz zu Machu Picchu noch frei bewegen und muss sich nicht an bestimmte Zeiten und Wege halten. Uns haben die Ruinen von Pisac fast noch besser gefallen.
Chinchero
Wieder einmal geht es für kleines Geld mit dem Colectivo in die rund 30 Kilometer entfernte Stadt Chinchero. Schon immer war Chinchero ein wichtiger Ort, denn hier hatte der Inka-Herrscher seine Sommerresidenz. Gelegen auf 3.760 Metern umgeben von weiten Feldern, einer Lagune und einem beeindruckenden Bergpanorama – der wohl paradiesischste Ort für den Inka und man kann seine Beweggründe gut nachvollziehen.
Es ist noch wenig Tourismus hier, alles ist hier viel beschaulicher und traditioneller. Hier kann man den Frauen noch beim Weben der Alpakaschals, Ponchos und Teppichen zuschauen. Auch wird hier die Alpakawolle noch traditionell mit Naturfarben aus Mais, Blattläusen und anderen natürlichen Pigmenten und nicht industriell eingefärbt.
In den nächsten zwei Jahren wird an diesem schönen Flecken Erde der neue internationale Flughafen eröffnet werden. Der Rohbau steht bereits und dann ist es hier sicherlich vorbei mit der Ruhe. Wir hatten den Eindruck, dass die Bewohner nicht begeistert sind und das ist sehr gut nachvollziehbar.
Von den Terrassen aus hat man einen sehr guten Blick auf die umliegende Landschaft. Doch was für uns beschaulich aussieht, ist für die Menschen sehr harte Arbeit. Hier funktioniert alles noch per Hand. Maschinen gibt es keine. Und der kleine Esel wird die Kartoffeln transportieren.
Diese Kolonialkirche gehört wohl zu den schönsten Kirchen des Tals. Sie wurde um 1607 von den Spaniern auf den Überresten eines Inka-Palastes errichtet. Wir hatten gelesen, dass im Inneren dieser kleine Kirche besondere Malereien und Fresken zu sehen seien. Leider war die Kirche verschlossen. Mehrfach wurde uns versichert, dass der Pastor beim Mittagessen sei. Aber um 13.00 Uhr sei eine Besichtigung möglich. Wir waren nicht die Einzigen, die auf den Pastor warteten. Es wurde 14:00 Uhr. Wir warten weitere 15 Minuten. Es schien ein sehr ausgiebiges Essen zu sein, denn der Pastor ließ sich nicht blicken. Da ist ihm wohl ein ausgiebiger Mittagsschlaf dazwischen gekommen. Schade, wir hätten die Deckenmalerei gerne gesehen.
Sonntags findet hier einer der größten Märkte für Kunsthandwerk statt. Dann wird dieser kleine Ort sicherlich noch farbenfroher, wenn die Produzenten der bunten Stoffe und die Weber ihre, nach alter Tradition gewebten Schals und Decken ausbreiten.
Eine Besichtigung der Orte im Sacred Valley, das „Heiligen Tal der Inkas“, ist aber zu jedem Zeitpunkt eine gute Gelegenheit, historisch interessante Orte
abseits des „großen“ Machu Picchu kennenzulernen. Das Sacred Valley gehört zwar nicht zum Weltkulturerbe, ist aber nicht minder beeindruckend und in jedem Fall eine Reise
wert.
Wir bleiben noch ein paar Tage in Cusco und werden dann die Hauptstadt Lima erkunden.
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